27.01.2020

11.11.2010

Osteuropa - wo liegt das?

Hier folgt noch sozusagen das Schlusswort zu dieser Reise. Es wird wohl kaum das letzte Mal gewesen sein, dass wir Richtung Osten aufgebrochen sind. Das langsame Reisetempo und diesmal die Rückreise durch komplett andere Gegenden als die Hinreise erlaubten uns einen interessanten Perspektivenwechsel. Und am interessantesten beim Reisen sind ja die Unterschiede zum eigenen Land. Die Wahrnehmung dieser Unterschiede variiert aber stark und ist von der momentanen Umgebung geprägt.
So ist es uns zum Beispiel in der ostrumänischen Stadt Iasi, die sich nur etwa 20 km von der Grenze zur Republik Moldau entfernt befindet, passiert, dass die Hotelreceptionistin sich entschuldigte, dass es etwas kompliziert sei zwischen zwei Tramhaltestellen zu unterscheiden. Sie fügte noch hinzu: "Das ist halt Rumänien." Wir verstanden zuerst nicht ganz, was sie meinte, denn für uns schien alles perfekt, die Tramhaltestellen waren einfach auffindbar, weil sie als solche gekennzeichnet waren.
Später wurde uns bewusst, dass wir gerade noch andere Erfahrungen präsent hatten: In vielen osteuropäischen Ländern (weiter östlich als Rumänien gelegen) gibt es keine offiziellen Haltestellen, aber die Leute wissen trotzdem, wo sie auf ihr Verkehrsmittel warten müssen.

Darum fragt man sich in diesem Zusammenhang: Wo liegt denn Osteuropa? Und wo ist die östliche Grenze von Europa? Zur letzten Frage habe ich bereits über ein Zitat in diesem Blog geäussert:
http://drum-bun.blogspot.com/2010/10/georgien-sakartvelo-grusinja-gurcistan.html
Als wir 2005 die Ukraine bereisten, wurden wir darauf aufmerksam gemacht, dass es in den Karpathen, südlich von Lviv, einen Punkt gibt, der als Mitte Europas berechnet wurde, wenn man als östlichen Europarand den Ural nimmt.

Unterwegs im Zug von Lviv nach Yaremcha, in den ukrainischen Karpathen, nahe am Mittelpunkt Europas.

Und umgekehrt las ich soeben in einer Schweizer Zeitung etwas über Slowenien, und für dieses Land benutzte der Redaktor das Synonym "das osteuropäische Land". Slowenien - Osteuropa? Wir konnten fast keinen Unterschied zu Österreich feststellen!
Diese Betrachtungen sind natürlich oberflächlich, meistens visuell-touristischer Art und ziehen zum Beispiel politische Strukturen nicht mit ein. Trotzdem möchte ich aber damit sagen, dass - häufig wenn es um eine negative Abqualifizierung geht - "Osteuropa" weniger pauschal verwendet werden sollte. Über die Lage des europäischen Mittelpunkts wird übrigens immer noch debattiert, wie dieser Link zeigt: http://de.wikipedia.org/wiki/Mittelpunkt_Europas
Und wie merkt man schliesslich beim langsamen Reisen, dass man von Osten wieder Richtung Westen kommt?
Es gibt viele kleine Details:
Wir fanden es z.B. in der Türkei oder in Georgien schon sehr bequem, dass wir beim Parkieren des Autos in einer neuen Stadt nicht nach einem Automaten für das Entrichten der Gebühr (hätten wir denn das Funktionieren des Automaten überhaupt verstanden?) Ausschau halten mussten. Stattdessen ist immer ein Mensch in der Nähe dafür zuständig und kassiert für seinen Dienst ein paar Münzen. Solche Begegnungen erlauben immer auch noch ein kurzes Gespräch und so bekommt man noch eine Information, die gerade nützlich ist.
Oder die Qualität der Strassenmusik ist weiter im Osten eindeutig besser: Haben Leute im Osten mehr Zeit zum Üben? Oder sind es tatsächlich Profis, die ihr schlechtes Gehalt damit aufbessern müssen? Wie auch immer, wenn in Zagreb ein Strassenmusiker sein Gedudel meint mit schlechter Technik und Elektronik aufmöbeln zu müssen, hat man bereits keine Lust mehr, etwas zu geben.
Oder die Hunde: Hundehalter im Stil wie man es in der Schweiz, Frankreich, Deutschland, etc. antrifft, gibt es im Osten wenige. Bauern, Schäfer, Kuhhirten halten sich Hunde mit klar definierten Aufgaben. Andere Leute hingegen haben keinen Bedarf für diesen Luxus, bzw. scheinen nach wie vor mehr Wert auf zwischenmenschliche Beziehungen zu legen. Kommt man aber Richtung Westen, trifft man immer mehr auf Leute, die sich einen Hund als Zeitvertrieb, Beziehungsersatz oder aus anderen nicht erklärbaren Gründen halten (müssen). Die Strassen in den Ortschaften weisen zum Teil entsprechende Spuren auf, dort, wo sich das System "Robidog" noch nicht durchgesetzt hat...
Natürlich gäbe es noch viele weitere Beispiele, die einem erst mit der Zeit wieder in den Sinn kommen.

Und schliesslich noch zur Abbildung von "Osteuropa" auf Karten: Es gibt nur ganz wenige Europakarten, die übers Schwarze Meer hinausgehen und Länder wir Armenien und Georgien auch noch abbilden. Andererseits haben wir auf der Rückreise kurz vor der Schweiz festgestellt, dass unser Osteuropa-Kartenatlas seine eigene "Definition" von Osteuropa hat: Da gehört sogar ein gutes Drittel der Schweiz dazu! Ja, der Westrand der Osteuropakarte zieht sich als Linie von ungefähr von Kreuzlingen über Uzwil-Nesslau-Flims-Safien nach Splügen... ;-)


10.11.2010

Belgrad -> Zürich: die letzte Etappe

Diese letzte Etappe ist schnell erzählt. Nicht dass es uninteressant war, aber natürlich weniger "exotisch" im Vergleich zu unserem Alltag in der Schweiz. Nachdem wir von Rumänien her kommend die Grenze nach Serbien überquert hatten, diskutierten wir während den verbleibenden Kilometern bis Belgrad, wie spät es wohl sein könnte. An Grenzübergängen wird einem nie gesagt, wie spät es ist, selbst wenn man die Zeitzone wechselt. Da es bereits wieder dämmerte, wollten wir einfach nicht wahrhaben, dass es erst 16 Uhr sein könnte (und nicht 17 Uhr wie in Rumänien)! Wir hielten also nach Kirchen Ausschau, um uns schlau zu machen.
Aber die orthodoxen Kirchen haben keine Uhren auf ihrem Turm. Und bei den anderen Kirchen zeigten die Uhren entweder eine ganz andere Zeit an oder es fehlte sowieso mindestens ein Zeiger...! In Belgrad hatten wir um 18 Uhr mit dem Bekannten von Sonja abgemacht, der uns die Schlüssel von Sonjas Wohnung übergeben sollte. Sonja ist Serbin, lebt seit einiger Zeit in der Schweiz und stellte uns freundlicherweise ihre Wohnung zur Verfügung. Wir waren also punkt 19 Uhr am verabredeten Ort - und es war 18 Uhr! Uff!
Die erste Nacht in Belgrad verlief buchstäblich unruhig: Irgendwann gegen 02 Uhr schwankte das 8stöckige Haus - ein Erdbeben! Zum Glück für uns dauerte das Schwanken nur wenige Sekunden und war trotz Stärke 5.4 nicht so intensiv, dass es in Belgrad Schäden gab. Hingegen in einer Stadt 100km südlich von Belgrad stürzten Häuser ein und mindestens 2 Personen kamen ums Leben.
Am Tag schien aber alles wieder ganz normal zu sein. Sonja hatte uns einen Stadtrundgang per Mail empfohlen, den wir gerne befolgten. Wir waren sehr angetan von Belgrad. Natürlich half dabei auch das immer noch milde Herbstwetter, das uns erlaubte, gemütlich durch die Strassen zu schlendern, im Strassenkaffee zu sitzen und so den nahen Winter noch möglichst zu verdrängen.


Kurz nach 16Uhr holte uns dann aber wieder die saisonale Realität ein:
Die Sonne ging unter und um 17Uhr war es bereits dunkel - und dies am 3. November. Wie wäre das wohl am 21. Dezember?
Belgrad hat aber attraktive Shopping-Centers, in denen der ganze Tag lang die gleiche Zeit gilt...
Am zweiten Tag hiess es dann bereits wieder Abschied nehmen. Wir fuhren von Belgrad auf der Autobahn nach Zagreb, wo wir uns einen Kurzaufenthalt (bis zum Sonnenuntergang, natürlich!) leisteten, um die Altstadt auf den beiden Hügeln zu besichtigen.


Diesmal verbrachten wir die dunklen Frühabendstunden nicht in einem Shopping-Center, sondern erlaubten uns, weiterzufahren. Die sehr guten Strassenverhältnisse und westliche Vorstellungen von Einhalten von Verkehrsregeln ermöglichten dies.
Kurz vor Ljubljana fanden wir in einem sehr ländlichen Gebiet in einem Landgasthof eine Unterkunft. Wir kriegten Zimmer Nr. 1 - und rasch war klar, dass wir wieder mal die einzigen Gäste waren. Da wir Ljubljana vor 4 Jahren besucht hatten, umfuhren wir diesmal die slowenische Hauptstadt und gelangten rasch nordwärts.
Nach viel Flachland bot der Anblick der Berge - zuerst die Julischen Alpen, danach die Dolomiten - wieder etwas Abwechslung. Über Kraniska Gora gelangten wir nach Kärnten in Österreich.

Da wurden wir hart mit der westlichen (und ländlichen) Mentalität konfrontiert: Zum Mittagessen fanden wir kein einziges offenes Restaurant (Betriebsferien) und keinen einzigen offenen Laden (grosszügige Schliesszeiten über Mittag). Also mussten nochmals unser Gaskocher und die letzte Portion Curryreis herhalten.
Aber es schmeckte wunderbar!
Wählt man nicht den schnellsten, sondern den kürzesten Weg, kommt man über ein Stück Italien bei Brixen auf die Brenner-Passstrasse. Den Brenner-Pass selbst fanden wir enttäuschend und suchten darum eine Unterkunft in einem zufällig gewählten Seitental.
So landeten wir im Stubaital und mussten ganz verwundert feststellen, dass wir hier nicht mehr die einzigen Touristen waren: Die Ski- (pardon Schi-... auf österreichisch!) Saison hatte längst angefangen. Wir kriegten in einem Hotel eines der letzten Zimmer, und um einen freien Tisch fürs Abendessen zu ergattern ("Haben Sie reserviert?" - Aha, jetzt sind wir im Westen angekommen!), mussten wir einige Restaurants abklappern.
Am nächsten Tag gönnten wir uns noch eine Besichtigung von Innsbruck, so nah an der Schweiz, aber wir kannten es doch nicht und waren aber sehr positiv beeindruckt.


Von da war es dann über den Arlberg nur noch eine kurze Fahrt bis wir die Schweizer Grenze in Liechtenstein erreichten.
Gleichzeitig wurde der Himmel zum ersten Mal seit Wochen grau: ein unmissverständliches Zeichen für das Ende unserer Reise...
Wir hatten aber noch einen Job zu erledigen: In Sax, im Rheintal, besuchten wir meinen Onkel, um ihm die erfolgreich bis hierher geschmuggelte Pflümlischnapsflasche aus Rumänien zu überreichen.
Ausserdem bekam er noch einen Tannensetzling aus Belgrad: Dort waren wir nämlich in die Eröffnung des Internationalen Jahres der Wälder 2011 hineingeraten und hatten darum einen Tannensetzling gekriegt. Dieser ist jetzt bereits eingepflanzt und geniesst die Aussicht übers Rheintal. Es ist sozusagen auch ein bisschen symbolischer Ersatz für das Holz, das wir für den Innenausau unseres Reisegefährts gebraucht hatten: mein Onkel, ein Schreiner, hatte uns das Holz dafür geschenkt.

Bei Regen waren wir vor gut 6 Wochen abgereist, bei Regen kamen wir in Zürich wieder an.
Die Bilanz:
  • 44 Tage
  • 9696 km
  • 18 Länder
  • 23 Sprachen
  • 26 Grenzübertritte
  • unzählige interessante Begegnungen und Sinneseindrücke
Zu Hause fanden wir in der Post eine Zeichnung, die unsere Reise ziemlich treffend beschrieb:
"Liebes Gotti, auf meiner Zeichnung seid ihr im dukelgrünen Landi in der Nacht auf einer kurvenreichen Strasse unterwegs. Weil euch ein riesiger Töff entgegen kommt, müsst ihr fest bremsen. Darum lehnst du im Bild so nach vorne. - Schön, dass du wieder daheim bist. - Liebe Grüsse von Nik.

Weitere Bilder gibt es hier:

05.11.2010

Osteuropa westwärts: Ukraine - Transnistrien - Republik Moldau - Rumänien

Der grosse Unterschied zwischen Georgien und Ukraine lag für uns in der Temperatur: War es in Georgien tagsüber meist noch über 20°C gewesen, wurden wir nun in der Ukraine mit knapp 10°C und nachts mit unter Null Grad konfrontiert. Doch da die Sonne weiterhin schien und wir auch dafür ausgerüstet waren, konnte uns das nichts anhaben. Auch dauerte diese Kälte nur 2-3 Tage, später wähnten wir uns schon bald wieder im Sommer.
Odessa / Одесса, von Katharina der Grossen Ende 18. Jh. in Auftrag gegeben ist und bleibt ein Schmuckstück. Seit unserem letzten Besuch, als wir die Ukraine 2005 mit dem Zug bereist hatten, ist nochmals einiges renoviert worden und offene Strassen gibt es fast keine mehr.
Unsere Besichtigungstour fiel diesmal relativ kurz aus, weil wir noch ein nächstes Grenzübertrittsexperiment vor uns hatten. Aber fürs Posieren vor der Potemkinschen Treppe reichte es:
Anschliessend fuhren wir nordwestwärts Richtung Republik Moldau. Noch vor 5 Jahren wäre ein Grenzübertritt via Transnistrien nicht möglich gewesen (darum mussten wir damals mit dem Nachtzug einen grossen Umweg fahren).
Die Ukrainischen Zöllner nahmen es auch bei der Ausreise sehr genau. Das wichtige Papier, das wir tags zuvor nach unserer mehrstündigen Odysse am Zoll vom Hafen "erarbeitet" hatten, war ihnen gänzlich unbekannt. Ja, sogar die Möglichkeit, dass jemand mit dem Schiff ins Land einreist und mit dem Auto ausreist, ist in ihrem Computerprogramm nicht vorgesehen. Doch schliesslich durften wir durchs Niemandsland fahren und uns auf den transnistrischen Zoll gefasst machen.
Ausländer, die nicht mit dem System vertraut sind, sind ein gefundenes Fressen, bekamen wir bald zu spüren! Die Zöllner sind hochkorrupt und verlangten aufs Geratewohl 40 oder 50 € Gebühr. Doch damit nicht genug: Wenn der eine Zöllner gesehen hatte, dass ein anderer es geschafft hatte, uns eine Gebühr abzuknüpfen, verlangte er selber auch seinen Beitrag für die eigene Tasche. Das Büro, das verantwortlich war für die korrekte Einfuhr das Autos, arbeitete hingegen korrekt, wenn auch SEHR langsam. Nach einem etwa 2stündigen Prozedere - es dämmerte mal wieder bereits - konnten wir also nach Transnistrien einreisen. Wie lange wir im Land hätten bleiben dürfen, war unklar. Im Reisebuch steht, dass man in der Regel ein Durchreisevisum für 3 Stunden kriegt. Uns wurde hingegen gesagt, wir sollten ohne Anhalten raschmöglichst durchfahren. Aber es gäbe in der Hauptstadt sogar Hotels, wo man übernachten könnte... Wie auch immer, unser Ziel war es, noch am gleichen Abend Chișinău zu erreichen. In der transnistrischen Hauptstadt Tirașpol erlaubten wir uns aber dennoch einen Stop, schliesslich wollten uns doch ein paar Souvenirs aus diesem Land, das es eigentlich gar nicht gibt, besorgen. Transnistrien druckt sein eigenes Geld (transnistirsche Rubel und Kopeken) und Briefmarken.
Mit den Briefmarken kann man aber keine Post ins "Ausland" verschicken. Eine kuriose Sache, wenn man sich die Dimensionen von Transnistrien auf der Landkarte anschaut: 200km lang, 30km breit. Transnistrien hat sich ein kommunistisches Regime auf die Fahne geschrieben. Entsprechend sind Hammer und Sichel noch überall sichtbar:
Die Strassen in der Hauptstadt sind nach Marx und Lenin benannt:
Trotzdem braucht es aber eine Art Marktwirtschaft zum Überleben. Darum kümmert sich ein gewisser Herr Sheriff, dem fast alles, was es im Land gibt, gehört (Läden, Fussballclub, Restaurants, etc.).
http://de.wikipedia.org/wiki/Transnistrien
Nachdem wir 4 Briefmarken und eine transnistrische Zeitung erstanden hatten, blieben uns noch etwa 3€ übrig, die für eine Pizza in einem Restaurant reichten...
Tiraspol zu verlassen war bei Dunkelheit nicht ganz einfach, doch irgendwann fanden wir die Strasse, die uns vorbei an militärischen Stützpunkten Richtung Republik Moldau führte. Der Grenzübertritt, der ja offiziell keiner ist, aber trotzdem ganz ernsthaft gehandhabt wird, verlief korrekt, ohne Bakschisch und dauerte nicht über die Massen lange.
Gegen 20 Uhr kamen wir in
Chișinău an und bezogen in einem Hotel Quartier, das ebenfalls noch fast nach kommunistischer Tradition funktionierte: auf einem Zettel muss ausführlich festgehalten werden, wer übernachtet. Ausserdem wacht auf jeder Etage eine Babuschka übers Kommen und Gehen der Gäste. Bei der Abreise wird ausserdem streng kontrolliert, ob man wirlich nichts aus dem Zimmer geklaut hat (was hätte man denn klauen wollen???).
Chișinău ist kein Bijou: Viele Plattenbauten in mehr oder weniger gutem Zustand säumen die Strassenschluchten. Die Farbtupfer sind die vielen Werbeplakate. Dafür wird auf den Strassen recht anständig gefahren. Vortritt wird gewährt, wo einem gebührt, Rechtsüberholen ist ebenfalls verpönt. Nach Georgien, wo man "fahren kann, wie man will", mussten wir uns fast selbst ein bisschen dispziplinieren...;-)
Unser nächstes Ziel war Iași in Rumänien. Wir durchquerten also die Republik Moldau innert weniger Stunden. Die Landschaft ist sanft hügelig, aber nicht gerade spektakulär. Die Struktur der Dörfer erinnert an das, was wir schon von Nordost-Rumänien her kannten. Beim Verlassen von Chișinău, wir fuhren auf einer autobahnähnlichen Überlandstrasse mit 3 Spuren pro Fahrtrichtung, wurden wir von der Polizei angehalten: Wir seien 80 km/h statt 40 km/h gefahren. Schnell war klar, dass es sich um das wohlbekannte Spielchen einer korrupten Polizei handelte, um das Gehalt etwas aufzubessern. Da die "Strafgebühr" umgerechnet nur etwa €5 betrug, liessen wir diese Sache über uns ergehen.
Die Sprache der Republik Moldau ist übrigens Rumänisch, aber man nennt es hier Moldauisch. Die Unterschiede sind gering. Russisch ist jedoch allgegenwärtig und alle Leute scheinen es zu beherrschen und für amtliche Angelegenheiten zu benutzen. In Transnistrien hingegen wird fast nur russisch gesprochen.
Als wir zum rumänischen Zoll kamen, ging wieder mal die Sonne unter. Doch das Prozedere an der östlichen EU-Grenze verlief korrekt. Fast wären allerdings unsere georgischen Weinvorräte entdeckt worden...
In Iași fanden wir eine angenehme Unterkunft, die alle Grundbedürfnisse befriedigte: fliessendes Wasser heiss und kalt zu allen gewünschten Zeitpunkten, Heizung im Zimmer, funktionierende sanitäre Anlagen, und dies alles gleichzeitig. Oft war es nämlich bis jetzt vorgekommen, dass nur einer dieser drei Punkte funktionierte. Aus diesen und anderen Gründen kam uns Rumänien nun plötzlich sehr westlich vor. Als wir vor zwei Jahren von Westen her in das Land reisten, war unsere Wahrnehmung umgekehrt. Also alles eine Sache der Perspektive.
In Iași trafen wir eine Bekannte, die ich vor einiger Zeit an einer Tagung in Deutschland kennengelernt hatte. Wir unterhielten uns einen Abend lang über Rumänien und seine Geschichte, über die Wende und die langen Arme der Ceaucescu-Diktatur, die heute einfach auf andere Art zu spüren sind.
Die Politikverdrossenheit muss recht gross sein, da keine Regierung sich ernsthaft der Probleme annimmt, wenn sie mal die Macht in den Händen hat. Die Finanzkrise von 2008 ist immer noch spürbar und der Staat fast bankrott. Schon zum dritten Mal in Folge musste er Geld beim IWF entlehnen, um wenigstens die Löhne zahlen zu können. Und à propos Löhne: Im vergangenen Sommer wurde allen Staatsangestellten das Gehalt um 25% gekürzt, unabhängig von der Hierarchiestufe! Es ging aber niemand deswegen auf die Strasse demonstrieren...
Am folgenden Tag fuhren wir über durch die Bicaz-Schlucht und am Lacu Rosu vorbei - durch diese Region waren wir schon vor 2 Jahren gekommen - in die Provinz "Hargitha", die zu 95% ungarisch-sprachig ist.


Im Dorf Cuicsângeorgiu besuchten wir Freunde, die selber auch schon in der Schweiz und in Deutschland gearbeitet haben. Wir wurden reich verköstigt, nicht nur mit Handfestem, sondern auch mit Selbstgebranntem: es war gerade Schnapsbrenn-Saison... Wir konnten sogar eine Schapsbrennerei eines Nachbarn besichtigen, wo die flüssige Kostbarkeit aus Zwetschgen 2x gebrannt wird (um einen Alkoholgehalt von 65% und nicht nur 35% zu erreichen...).


Wir verliessen am nächsten Tag die Gegend wieder Richtung Westen, über die Ausläufer des Karpathenbogens, und durchquerten Transylvanien.
Das Ziel war Belgrad, jedoch machten wir noch einen Zwischenstopp etwa 100km vor Timișoara.
Schwimmender Brückenersatz
"Gute Reise!" - Das gab vor zwei Jahren die Inspiration, diesen Blog so zu nennen.